Alle reden über den Ausbau der Stromnetze für die Energiewende und was die Allgemeinheit dafür an Mitteln aufbringen muss. Die Salzburg Netz GmbHAls konzessionierter Netzbetreiber ist die Salzburg Netz GmbH Ansprechpartner für das Strom- und Gasnetz im Versorgungsgebiet Stadt und Land Salzburg.Mit rund 18.000 km Stromnetzleitungen in… beschäftigt sich intensiv damit, wie man das schon vorhandene Netz am besten ausnutzt, um die Ausbaukosten so gering wie möglich zu halten – und hat dafür eine smarte Digitallösung gefunden.
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Die praktische Umsetzung der Energiewende ist finanztechnisch ein Kraftakt und die Salzburg AG krempelt dafür auch 2025 die Ärmel gewaltig hoch: Ein Investitionsbudget von mehr als 350 Millionen Euro beweist eindrucksvoll, wie ernst das Unternehmen sein Engagement als Impulsgeber für die Transformation des Energiesystems nimmt.
Warum müssen überhaupt laufend Leitungen verstärkt und ergänzt werden, damit bei uns daheim oder im Betrieb nicht bald das Licht ausgeht? Und welche Rolle spielt das Stromnetz in puncto Energiewende, wann und warum droht eine Überlastung? Antworten auf Fragen wie diese zu finden, ist das tägliche Brot von Christoph Groiß, der im Kompetenzcenter Strom der Salzburg Netz GmbH die Fachabteilung Assetmanagement leitet. Wie man die Stromnetze der Zukunft am effektivsten gestalten kann, beschäftigt den 41-Jährigen schon seit seiner Studentenzeit an der TU Wien. Zahlen, Statistiken und – inzwischen digitale – Auswertungs-Tools sind dabei bis heute seine treuen Helfer.
Stromnetz muss viele Herausforderungen verkraften
Und sie bekommen laufend mehr zu tun, denn: „Wir sehen generell den Trend einer immer stärkeren Elektrifizierung und damit verbunden einen Anstieg beim Stromverbrauch“, so Groiß. Dabei spielen u. a. Themen wie E-Mobilität oder Wärmewende eine Rolle. „Die Wärmepumpe ist eine sehr sinnvolle Heizmethode, aber natürlich bedeutet dieser Umstieg, weg von fossilen Heizungen, auch, dass eine höhere Stromanschlussleistung benötigt wird.“ Einerseits verbrauchen wir also mehr Strom als früher, andererseits kommt aber auch immer mehr davon ins Netz – durch die ständig wachsende Zahl von Erneuerbaren-Anlagen (Photovoltaik, Wasser und künftig auch Wind), die zusätzlich einspeisen.
„Die Herausforderung für uns als Stromnetzbetreiber ist, das Stromnetz so zu dimensionieren und zu betreiben, dass wir auch die zwei Extremsituationen im Jahr voll beherrschen können.“ Damit meint Groiß zum einen die Verbrauchsspitze am kältesten Winter-Werktag, wenn nach der Dämmung keine PV-Anlagen mehr, dafür aber alle Heizungen auf Hochtouren laufen, und zum anderen den heißesten Mittag im Hochsommer, wenn PV-Module viel mehr Energie einspeisen, als gerade benötigt wird.
Wie kann man nun „vorhersagen“, ob das Netz solche Extremsituationen nicht nur heute verkraftet, sondern auch in fünf Jahren noch? Welche Leitung, welcher Trafo wann zu verstärken ist? Zum Glück braucht Christoph Groiß für seine Prognosen keine wahrsagerischen Fähigkeiten, sondern kann sich vielmehr auf solide Datenquellen stützen. Ausgangspunkt für sämtliche Berechnungen ist die Kapazität des Stromnetzes, also die maximale Leistungsfähigkeit all seiner Komponenten – von der einfachen Ortsleitung bis zu den großen Knotenpunkten des Bundeslandes, den Umspannwerken. Von dieser gesamten Leistungsfähigkeit hängt letztlich ab, wie viele zusätzliche Erneuerbaren-Anlagen für das Netz noch „gut verträglich“ sind. Groiß: „Bei der Planung schauen wir uns an: Was kann das Netz aktuell leisten, wie stark ist es schon ausgelastet, welche Einspeise-Zusagen für weitere Erzeugungsanlagen haben wir schon gegeben, wie viele davon sind inzwischen gebaut worden und produzieren. Daraus ergibt sich, wie viel Netzkapazität noch für weitere Zusagen übrig bleibt.“
Beim Stau gehen die Lichter aus
Klingt in Prinzip recht einfach, ist es in Wahrheit aber nicht. Denn es schicken sämtliche Umspannwerke im Bundesland permanent Strom-Messwerte aus dem Netz in die Zentrale, und das im Viertelstunden-Takt. Umgelegt auf 365 Tage, kann Christoph Groiß somit anhand von exakt 35.040 Datenpunkten genau erkennen, wann innerhalb eines Kalenderjahres welche Strommengen im Netz kursieren. Leider gibt es in der Kalkulation auch ein paar Unbekannte: Die Daten großer Knotenpunkte zeigen nicht notwendigerweise, ob einzelne Leitungen zu bestimmten Zeiten schon an ihre Belastungsgrenze stoßen. Bildlich gesprochen: Die Verkehrszählung auf der Autobahn sagt noch lange nichts darüber aus, wie viele Fahrzeuge auf den Zufahrtsstraßen zu welcher Tageszeit zu- oder abfahren und ob eventuell bald eine Verstopfung droht. „Eines ist klar: Im Stromnetz kann man sich so etwas wie einen Stau nicht leisten“, konkretisiert Groiß, „wenn ein Punkt überlastet ist, fliegt irgendwo im Netz eine Sicherung und es wird finster. Das müssen wir unbedingt vermeiden.“
Die Salzburg Netz arbeitet zwar ständig daran, „blinde Flecken“ zu eliminieren – immer mehr regionale Trafostationen laufen ferngesteuert und liefern digitalisierte Messwerte. Aber solange nicht für alle Netzgebiete flächendeckend Daten verfügbar sind, muss man mit Worst-Case-Annahmen arbeiten. Das Problem dabei: Einzelne Ausreißer, zum Beispiel bei den Verbrauchsspitzen, können die Netzauslastung höher erscheinen lassen als sie tatsächlich ist und zu Fehlentscheidungen verleiten – womöglich bliebe Erzeugern erneuerbarer Energie die Einspeisung ins Netz dann verwehrt und Leitungen würden ausgebaut, obwohl beides in Wahrheit gar nicht nötig wäre. Gewünscht ist jedoch ein punktueller Ausbau genau an jenen Stellen, an denen es das Netz erfordert.
Über 95 Prozent der Anlagen können sofort einspeisen
Als „Ermöglicher der Energiewende“ hat die Salzburg Netz laut Groiß bisher bei mehr als 95 Prozent der angefragten Photovoltaik-Erzeugungsanlagen das Einspeisen von Strom ins Netz bewilligt und will die Zusagenquote auch in Zukunft unbedingt auf diesem hohen Level halten. Mit Hilfe von Netzverstärkungsmaßnahmen wird es auch den verbleibenden angefragten Anlagen ermöglicht die gewünschte Leistung im Netz einzuspeisen. Zweites erklärtes Ziel ist, den Bedarf an finanziellen Ressourcen möglichst weit nach unten zu schrauben: Um die Energiewende zu stemmen, „wird es ohne Netzausbau nicht gehen, aber wir wollen das Bestandsnetz bestmöglich ausnutzen und nur dort ausbauen, wo es wirklich notwendig ist.“
Datenanalyse als smarte Entscheidungshilfe
Zum Erreichen beider Ziele macht sich die Salzburg Netz bei der Planung genauso smarte wie akribische Datenanalyse als wegweisende Entscheidungshilfe zunutze. Jahresprofile, Heatmaps, Tages-Lastganglinien: Unter Federführung von Christoph Groiß hat das Assetmanagement die seit Jahren verfügbaren Viertelstunden-Messwerte aus den großen Netzknotenpunkten so geclustert und strukturiert, dass die digitalen Grafiken auf Knopfdruck wertvolle Informationen über die tatsächliche Auslastung des Netzes und die noch freien Kapazitäten liefern. Wer den aktuellen Zustand des Stromnetzes aus rhythmischen Verbrauchsmustern, saisonalen Unterschieden usw. präzise ableiten kann, den irritieren beim Eindruck vom Gesamtbild auch vereinzelte Sonderfälle nicht. Groiß: „Betrachtet man nur einen Maximalwert, könnte man denken: Oje, diese Leitung ist ja schon extrem ausgelastet, ich kann vorläufig keine weiteren Zusagen für Stromeinspeisungen geben. Beim Blick auf das gesamte Profil zeigt sich dann aber vielleicht: Das war nur das Ergebnis einer Umschaltung, also ein atypisches Verhalten, das nicht relevant ist und das ich nicht berücksichtigen muss.“
Netzausbau „bedarfsgerecht und vorausschauend“
Mit dem aussagekräftigen Analysemodell aus dem Assetmanagement, das noch viele weitere wichtige Parameter aufzeigt, hat die Salzburg Netz in der Praxis gute Erfahrungen gemacht. „Stratege“ Groiß weiß nicht nur, an welchem Punkt des Stromnetzes wirklich Verstärkungsbedarf besteht und er ein Ausbauprojekt anstoßen muss, er kann auch im Hinblick auf die Herausforderungen der Energiewende optimistisch in die Zukunft blicken – selbst wenn in den nächsten Jahren noch mit deutlichen Verbrauchszuwächsen und größeren Investitionen zu rechnen ist. „Aus unserer Sicht sind die Klima- und Energieziele des Landes Salzburg, gerade im Bereich Photovoltaik, durchaus realistisch. Seitens der Salzburg Netz GmbH sind wir weiterhin intensiv bemüht, für jede erneuerbare Erzeugungsanlage den Anschluss ans Stromnetz zu ermöglichen. Andererseits machen wir keinen unnötigen Netzausbau. Durch unsere Datenbasis wissen wir exakt, wo Verstärkungsbedarf besteht, und können unser Netz bedarfsgerecht und vorausschauend ausbauen.“ Denn die Salzburg Netz stellt nicht nur die Versorgung heute, sondern auch in der Zukunft sicher.
Wer sich informieren möchte, welche großen Ausbauprojekte in den nächsten zehn Jahren im Bundesland Salzburg geplant sind, kann den von der Salzburg Netz GmbH erstellten Netzentwicklungsplan hier abrufen.
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