E-Gebrauchtwagen geben der Mobilitätswende Gas

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Viele Österreicher:innen würden gern auf ein Elektroauto umsteigen – wäre da nicht der immer noch vergleichsweise hohe Preis. Jetzt kommt die Mobilitätswende aber in die Gänge: Auf dem Gebrauchtwagen-Markt steigt das Angebot umweltfreundlicher Stromer massiv, manche Modelle sind schon für weniger als 10.000 Euro zu haben.

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Der Run auf Elektroautos ist ungebrochen: Um stolze 35 Prozent haben die Verkäufe im Vorjahr weltweit zugelegt, wie die Internationale Energieagentur (IEA) berichtet. Für heuer wird erneut eine Absatz-Steigerung erwartet, die Anzahl der BEVs (Battery Electric Vehicles) soll um 3 Millionen auf insgesamt 17 Millionen anwachsen.

Ob sich die Stromer mit noch mehr Tempo verbreiten und die Mobilitätswende ankurbeln, hängt nach Einschätzung der IEA davon ab, ob sie erschwinglich und ausreichend Ladestationen verfügbar sind.

In Österreich war das Kaufinteresse nach den starken Zuwächsen der Vorjahre zuletzt eher verhalten. Ein Elektroauto kommt dank geringer Betriebskosten auf lange Sicht zwar günstiger als ein vergleichbarer Verbrenner; trotzdem gilt der höhere Anschaffungspreis nach wie vor als größter Hemmschuh für den BEV-Erwerb – obwohl der Bund die Förderanreize verlängert hat und 2024 weitere 114 Millionen Euro für die Mobilitätsoffensive ausschüttet.

Elektrisierende Schnäppchen für Sparfüchse

Die aktuelle Entwicklung auf dem Gebrauchtwagenmarkt lässt auf einen erneuten Schub für den E-Boom hoffen. Die jüngste Rekordmeldung von Autoscout24 dürfte selbst ausgewiesene Sparfüchse hellhörig machen: Auf Europas größtem Online-Portal für Gebrauchtwagen stehen im Segment unter 15.000 Euro derzeit doppelt so viele BEVs zum Verkauf als noch im Vorjahr.

Das liegt in erster Linie daran, dass viele Firmen Elektroautos, mit denen sie in der Boomzeit ihren Fuhrpark umgerüstet haben, jetzt nach und nach durch neuere Modelle ersetzen, weil die – teilweise auf nur 3 Jahre ausgelegte – Leasinglaufzeit endet. Folgerichtig sieht der Geschäftsführer von Autoscout24 die Zeit für Schnäppchen-Jäger gekommen: Mit etwas Glück können Interessenten schon um weniger als 10.000 Euro ein noch junges, gebrauchtes E-Modell auf der Web-Plattform ergattern. Laufenden Preisstudien zufolge soll sich dieser Abwärtstrend fortsetzen.

Laden eines E-Autos © Georg Kukuvec/Salzburg AG
E-Autos werden auch im Mittelpreissegment immer attraktiver - auch durch einen Schub an Gebrauchtwägen. ©Salzburg AG/Georg Kukuvec

Zur Sicherheit: Batterie-Test beim Gebrauchten

Sorge bereitet willigen Gebrauchtwagenkäufer:innen oft der Zustand der Batterie. Mit nachlassender Leistung sinkt die Reichweite; fiele der Akku als teuerste Komponente des E-Mobils gar komplett aus (was in der Praxis freilich nahezu ausgeschlossen ist), käme das einem Totalschaden gleich.

Derartige Bedenken lassen sich jedoch leicht ausräumen. Die Batterie-Technik macht seit langem rasante Fortschritte, mittlerweile gewähren Hersteller üblicherweise 8 Jahre Werksgarantie. Allen, die beim Kauf eines Gebrauchten auf Nummer sicher gehen wollen, bietet der ÖAMTC eine „Batterie-Diagnose für E-Autos“. Der kostenpflichtige Check bestätigt nach penibler Prüfung den aktuellen Zustand des BEV-Herzstücks mittels Zertifikat.

China bremst unsere E-Autopreise aus

Nicht nur vom „Secondhand“-Bereich kommen vielversprechende Signale im Hinblick auf einen zunehmend emissionsfreien Straßenverkehr. Auch im Neuwagen-Segment kommt bei uns endlich Bewegung in die Preise – dafür sorgen ausgerechnet Produzenten aus Fernost.
Wurden chinesische Elektro-Flitzer wegen Qualitätsmängeln lange nur milde belächelt, haben die Asiaten spätestens auf der IAA Mobility 2023 bewiesen, dass sie in puncto Technik auf die Überholspur gewechselt sind. Die bei der großen Automesse in München präsentierten E-Marken überzeugten mit schickem Design, smarten Tools für autonomes Fahren und satter Motorleistung bei beeindruckend geringem Stromverbrauch.

Mit ihren günstigen E-Modellen greifen die Chinesen Europas Autobauer genau dort an, wo sie momentan nicht viel zu bieten haben: in der stark nachfragten Kleinwagenklasse. Für die Konsumenten kann das nur gut sein, wie auch die Aussage von VW-Chef Oliver Blume vor versammelter IAA-Presse vermuten lässt: „Wir werden auf der Kostenseite hart arbeiten müssen.“

© Kindel Media / Pexels
Laufender technologischer Fortschritt und eine steigende Modellvielfalt machen E-Autos immer spannender für diverse Bevölkerungsgruppen. © Kindel Media / Pexels

Bis zu 50 neue E-Modelle auf dem Markt

Noch dieses Jahr will die Automobilbranche bis zu 50 neue E-Modelle auf Europas Straßen schicken. Auch wenn die deutschen Platzhirsche bei günstigen Kleinwagen noch hinterherhinken: Den Wink aus Fernost haben sie jetzt immerhin verstanden und postwendend mit lukrativen Neukauf-Rabatten reagiert.
Für 2025 haben VW-Manager einen Kompaktwagen um 20.000 Euro angekündigt. So viel soll auch der neue, elektrische Renault Twingo kosten, der laut Hersteller nur sparsame 10 kWh Strom auf 100 Kilometer verbraucht.

Alle 20 Kilometer eine Lade-Station

Neben der Leistbarkeit nennt die IEA als zweiten Knackpunkt betreffend Mobilitätswende die in Europa teilweise noch relativ lückenhafte Lade-Infrastruktur. Österreich gibt hier Vollgas und hat von 2021 bis 2023 die Zahl der Ladepunkte auf bundesweit 22.000 mehr als verdoppelt.

Auch die Salzburg AG investiert massiv in den Ausbau und bietet mit über 1.300 Ladepunkten schon jetzt das dichteste Ladenetz im Bundesland. Aktuell liegt der Fokus auf der Errichtung neuer Schnelllade-Stationen. Zielvorgabe: Bald sollen E-Autofahrer im Salzburger Land alle 20 Kilometer ihren Wagen aufladen können.

Die Salzburg AG stellt im gesamten Bundesland Salzburg verstärkt Schnelllader auf um die öffentliche Ladeinfrastruktur zu verbessern. © Salzburg AG
Im Fokus steht der Ausbau des öffentlichen Ladenetzes mit neuen Schnelllade-Stationen. ©Salzburg AG

Hohe Steuern machen Verbrenner unattraktiv

Verkehr ist unbestritten einer der wichtigsten Hebel bezüglich Klimawende, aber zugleich der einzige Sektor in Österreich, in dem wir die Emissionen seit 1990 nicht nennenswert reduzieren konnten. Vielleicht braucht es noch mehr als eine Anreiz-Politik, um zügig den Erfolgsbeispielen der Skandinavier nachzueifern, denen die Verkehrswende in weiten Teilen schon gelungen ist. Allein in Norwegen ist heute jeder zweite Autofahrer elektrisch unterwegs, BEVs machen 90 Prozent der Neuzulassungen aus.
Warum Diesel und Benziner im Hohen Norden kaum noch gefragt sind, hat ein glühender norwegischer Verfechter der E-Mobilität ORF-Reportern so erklärt: „Wir zahlen für E-Autos keine Mehrwertsteuer oder Parkgebühren. Neben diesen Erleichterungen haben die hohen Steuern auf Treibstoff und Verbrenner zum Boom geführt.“

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