Die einen fasziniert sie, andere sind (noch) skeptisch. Sicher ist: Künstliche Intelligenz erobert unsere Arbeitswelt – über kurz oder lang kommt wohl niemand mehr daran vorbei. Die Salzburg AG hat 2024 den „Copilot“ eingeführt, um die Belegschaft bei zeitraubenden Routineaufgaben zu entlasten. Was das smarte KI-Tool alles kann und was im Umgang damit zu beachten ist, erklären zwei starke „Frauen in der Technik“.
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Für die Salzburg AG als innovative Green Tech-Company gehört digitale Transformation zum unternehmerischen Leitbild und wird nicht nur beim Optimieren von Kundenservices, sondern auch intern massiv forciert. Dabei springt man aber nicht gleich so ohne Weiteres auf jeden trendigen Zug auf – „wir sehen uns zuerst in aller Ruhe an, welchen Mehrwert uns eine neue Technologie bringt“, betont Verena Rinkner-Sattler vom Change-Management. Gemeinsam mit Data Engineer Laura Knoth gehört sie in der Salzburg AG, die mit dem equalitA-Gütesiegel des Bundes für innerbetriebliche Frauenförderung ausgezeichnet ist, zu jenen „Frauen in der Technik“, die 2024 ein internes Pilotprojekt zu künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz begleitet haben.
Als Teil eines Teams mit dem bezeichnenden Namen „Flight Crew“ haben die beiden das KI-Tool Copilot von Microsoft ein Jahr lang auf Herz und Nieren getestet und dabei einige interessante Use Cases für ihre Kolleg:innen entdeckt. Seit Anfang 2025 ist der Copilot nun offiziell im Unternehmen im Einsatz, inzwischen gibt es vielversprechende Erfahrungswerte. Wie gut macht sich der smarte Assistent im Joballtag wirklich, gab es Startschwierigkeiten? Was muss ich beim Arbeiten mit KI im Hinterkopf behalten? Das sagen uns Laura Knoth (Team Digital Technology/Modern Workplace) und Verena Rinkner-Sattler (People & Culture/Transformation & Talentstrategie) im Interview – und auch, warum sie auf das schlaue KI-Tool keinesfalls mehr verzichten wollen.
lebenswelten: „Frauen in der Technik“ sind bei der Salzburg AG eine Selbstverständlichkeit, aber das ist längst noch nicht überall so. Welche Erfahrungen hast du als Data Engineer dazu gemacht, Laura?
Laura Knoth: Das Thema Technik hat mich schon in der Schule interessiert. Was ich daran cool finde: Man berechnet etwas und das Ergebnis ist entweder richtig oder falsch – es gibt zwar oft mehrere Lösungswege, aber keinen Interpretationsspielraum, so wie bei Deutsch zum Beispiel.
Natürlich wird einem immer noch oft unterschwellig vermittelt, dass Technik für eine Frau eventuell nicht das Richtige ist. Aber ich habe das immer als persönliche Herausforderung gesehen. Ich löse gern technische Probleme!
Ein Werkzeugkoffer für alle Fälle
lebenswelten: Was findest du an digitaler Technologie, speziell an künstlicher Intelligenz, so spannend und wie setzt du das bei der Salzburg AG um?
Laura Knoth: Ich komme ursprünglich aus der Geo-Informatik, wo es um das Verarbeiten und Visualisieren von Daten für digitale Karten geht. Nach meinem Wechsel zur Salzburg AG 2021 habe ich viel mit Live- und Smart Meter-Daten gearbeitet und beschäftige mich jetzt größtenteils mit künstlicher Intelligenz, seit einem Jahr mit dem Copilot.
Das Spannende an KI ist, dass es viele Tools gibt, mit denen man unglaublich viel machen kann. Man kann damit Texte oder Gedichte schreiben, aber auch Programmier-Codes. Ich sehe das wie einen riesigen Werkzeugkoffer, in dem man immer wieder etwas Neues findet und sich für jede Anwendung das passende Werkzeug holen kann. Ich behalte den Gesamtüberblick, helfe den Kolleg:innen bei Problemen und unterstütze sie, indem ich sage: Du hast doch da diese eine, mühselige Aufgabe – im Werkzeugkoffer haben wir dafür ein Tool, möchtest du das nicht ausprobieren?
lebenswelten: In der Ende 2024 abgeschlossenen Testphase des KI-Tools Copilot wart ihr aktiv eingebunden. Laura hat den technischen Aspekt abgedeckt – wie lautete dein Part aus Sicht des Change-Managements, Verena?
Verena Rinkner-Sattler: Ich komme ursprünglich aus dem Bereich Marketing und habe lange im E-Commerce gearbeitet. Somit habe ich eigentlich seit meinem Berufseinstieg mit digitalen Technologien zu tun. Auch mit KI hatte ich schon früher Berührungspunkte und selbst einiges ausprobiert, in der Salzburg AG liegt mein Fokus jetzt tatsächlich auf dem Copilot.
Ich begleite Menschen leidenschaftlich gerne auf ihrem Entwicklungsweg und ich sehe meine Aufgabe darin, sie beim Thema Digitalisierung zu unterstützen. Alles ist Veränderung – zuerst kam das Internet, jetzt kommt als nächster Schritt die KI. Das Pilotprojekt wurde gestartet um herauszufinden, ob und wie uns der Copilot im Berufsalltag konkret unterstützen kann. Wichtig war uns, die Kolleg:innen gut abzuholen und ihnen zu kommunizieren, welchen Nutzen sie durch dieses Tool bei Verwaltungs- und anderen Aufgaben in der Microsoft 365-Umgebung haben. Wir haben dazu Schulungen organisiert und veröffentlichen auch regelmäßig News auf unserer Intranetseite bzw. in unserem Teams-Kanal, um die Community zu beleben. Aktuell bauen wir ein Netzwerk auf, in dem es für die einzelnen Einheiten geschulte Ansprechpartner geben wird. Natürlich sind Laura und ich auch weiterhin persönlich für die Kolleg:innen da, um Themen zu klären oder neue Use Cases auszuprobieren.
KI-Tool spart „enorm viel Zeit“
lebenswelten: Was genau ist der Copilot und was kann er für euch leisten?
Laura Knoth: Das ist ein Large Language Model (LLM), das heißt, diese künstliche Intelligenz basiert auf Texteingaben und dient dazu, Routineaufgaben effizienter zu erledigen. Ich kann zum Beispiel sagen: „Bitte beantworte diese E-Mail!“, dann generiert Copilot einen Entwurf, den ich entweder gleich verwenden oder noch korrigieren kann, wenn er mir noch nicht zu 100 % gefällt.
Das Coole ist: Es ist nicht nur ein Chatbot wie ChatGPT, den die meisten schon kennen, sondern das Tool ist direkt in die verschiedenen Microsoft-Anwendungen integriert, hat Zugriff auf meine Daten (z.B. Dokumente, Emails, Chats)und steht mir als Assistenz zur Verfügung. Ich kann zum Beispiel Textentwürfe in Office erstellen, schnell PowerPoint-Präsentationen gestalten oder Teams-Videomeetings transkribieren lassen. Copilot wandelt das Gesprochene in Text um – nach einem Meeting muss also niemand mehr eine Zusammenfassung schreiben, das spart enorm viel Zeit. Wer das Meeting verpasst hat, kann sich das durchlesen und an einem Punkt, der ihn besonders interessiert, direkt ins Video oder in die Sprachaufzeichnung springen, um sich das live anzuhören.
Verena Rinkner-Sattler: Man muss sich das so vorstellen: Ich habe meine persönliche Daten-Bibliothek und mein Copilot kann darauf zugreifen. Ich kann aber ein Buch aus meiner Bibliothek nehmen, einer Kollegin/einem Kollegen in die Hand geben und sagen: Darin darfst du jetzt auch lesen. Das heißt: Nur Daten, die ich freigegeben habe, können auch von anderen verwendet werden.
lebenswelten: Was sind aus eurer Sicht die wichtigsten Benefits des Tools im Job?
Verena Rinkner-Sattler: Der größte Vorteil ist für mich definitiv, dass es uns Routineaufgaben abnimmt und damit den Arbeitsalltag erleichtert, dadurch kann man sich auf Tätigkeiten fokussieren, die wertschöpfender sind. Einen langen E-Mail-Verlauf durchzulesen, nimmt Zeit in Anspruch, die ich für andere Dinge verwenden kann, wenn mir das Tool den Verlauf zusammenfasst. Ich weiß von einer Kollegin, die Berichte in Excel erstellen muss. Sie hat sich von Copilot beim Programmieren einer Vorlage helfen lassen und dadurch eine große Zeitersparnis.
Ganz spannend finde ich auch, dass man damit Ideen generieren kann. Bei einem neuen Projekt muss man nicht blank auf einer leeren Seite starten, sondern kann das Tool zum Brainstormen verwenden.
Laura Knoth: Genau! Ich schreibe zum Beispiel ungern Dokumentationen. Kürzlich habe ich dazu ein Meeting mit mir selbst erstellt und die KI zum Dokumentieren der Vorgehensweise verwendet. Das Meeting habe ich aufgezeichnet und dann von Copilot zusammenfassen lassen. Der hat das viel strukturierter gemacht als ich es könnte. Ich hätte das Ganze auch mit Verena besprechen und anschließend zusammen mit ihr niederschreiben können. Durch die Arbeit mit der KI habe ich nicht die Zeit eines/einer Kolleg:in blockiert.
Der Mensch wird immer gebraucht!
lebenswelten: Brainstormen mit der KI … Wird der Mensch dann nicht irgendwann überflüssig?
Verena Rinkner-Sattler: Das ist ein wichtiger Punkt! Auch bei uns gab es anfangs Berührungsängste in die Richtung: „Werde ich jetzt ersetzt?“. Aber KI ist nur ein Tool, das uns bei der Arbeit unterstützt. Die Industrialisierung hat uns nicht ersetzt, das Internet auch nicht. Manche Berufe und die Art, wie wir arbeiten, werden sich verändern, natürlich! Das ist auch ein gewisser Kulturwandel. Aber es braucht immer den Menschen, der einen kritischen Blick darauf hat.
Laura Knoth: Wir haben bei uns so viele Betätigungsfelder und Aufgaben, dass sich die Frage gar nicht stellt, ob Mitarbeitende ersetzt werden. Es geht vielmehr darum, die vorhandenen personellen Ressourcen effizienter einzusetzen, sprich: Kolleg:innen können Routinearbeiten schneller erledigen und die gewonnene Zeit für höherwertige Aufgaben nutzen.
lebenswelten: Verlief die Einführung des KI-Assistenten in der Salzburg AG holprig oder reibungslos – welches Feedback kam von euren Kolleg:innen?
Verena Rinkner-Sattler: Ganz zu Beginn gab es durchaus auch Rückmeldungen wie: „Das läuft nicht ganz rund.“ Das hat sich mittlerweile aber stark gebessert – die meisten sind schon beim Ausprobieren überrascht, was die künstliche Intelligenz alles kann und wie nützlich sie ist! Der Copilot ist ein Tool, das lernt und ständig weiterentwickelt wird. Jetzt gerade findet ein Rollout statt, der tolle neue Funktionen integriert. Ich vergleiche das mit dem Internet, wo anfangs auch nur wenige Daten verfügbar waren – und heute findet man alles dort. Da schon mehrere Kolleg:innen den Copilot nutzen, haben wir inzwischen auch Multiplikatoren, die die Vorteile gut weitertragen können.
Bitte den Kopf nicht ausschalten!
lebenswelten: Wie zuverlässig ist die KI oder anders gefragt: Inwieweit kann man darauf vertrauen, dass ein smarter Helfer seinen Job richtig macht?
Laura Knoth: Wenn man Aufgaben mithilfe von KI erledigt, wird man schneller und die Ergebnisse werden qualitativ besser. Wenn sich der Mensch dann aber mit der Zeit zu sehr auf die KI verlässt und nicht mehr quercheckt, nimmt die Qualität wieder ab. Studien nennen das „Fall asleep at the wheel“, also quasi „am Steuer einschlafen“. Es gibt Aufgaben, die die KI besser erledigen kann, und solche, in denen der Mensch besser ist. Die Herausforderung besteht darin, beides zu unterscheiden. Auf jeden Fall ist es wichtig, KI-generierte Antworten zu hinterfragen.
Verena Rinkner-Sattler: Man sollte mit gesundem Menschenverstand an die Sache herangehen. Das ist Dasselbe, wie wenn jemand sagt: „Ich google das schnell mal.“ Nur weil etwas im Internet steht, heißt das nicht automatisch, dass es wahr ist. Auch die KI ist nicht davor gefeit, zum Beispiel auf Informationen zurückzugreifen, die vielleicht nicht mehr ganz aktuell sind. Die Antworten von Copilot sind aber immer mit Quellenangaben versehen, die man checken kann – und das würde ich auch jedem empfehlen. Insgesamt ist Copilot nur ein Tool von vielen und kann eben nicht alles. Man darf bei der Arbeit den Kopf nicht ausschalten, das gilt auch beim Verwenden von KI.
Der Copilot trifft für dich den richtigen Ton
lebenswelten: Was sind eure persönlichen Highlights in der Zusammenarbeit mit künstlicher Intelligenz bisher?
Verena Rinkner-Sattler: Was für mich herausragend ist: Wenn man auf Urlaub oder bei einem Seminar war, kann man sich nach der Rückkehr eine wunderbare Übersicht erstellen lassen, was man alles verpasst hat. Mit einer kurzen Abfrage bekomme ich eine Zusammenfassung, priorisiert nach meinen Kernthemen, in Tabellenform aufgelistet, mitsamt kurzer Inhaltsangabe. Natürlich muss ich dann trotzdem noch meine Mails durcharbeiten, aber für den ersten Überblick nach dem Urlaub möchte ich nicht mehr darauf verzichten.
Der Copilot kann auch in der Kommunikation helfen. Es gibt immer wieder Situationen, wo die Wogen hochgehen. Dann kann der KI-Assistent für Mitarbeitende Themen in Schriftform neutral und sachlich kommunizieren. Ich kann ihn auch bitten, in eine bestimmte Rolle zu schlüpfen und einen Text zum Beispiel aus Sicht eines Rechtsexperten zu formulieren.
Laura Knoth: Ich finde es spannend, dass mich die künstliche Intelligenz noch immer überrascht. Obwohl ich schon so viel gesehen habe, komme ich immer wieder an einen Punkt, wo ich mir denke: „Wow – verrückt, was KI alles kann!“ Zum Beispiel werden bald Live-Übersetzungen bei Video-Meetings möglich sein. Es tauchen immer wieder neue Sachen auf, über die man staunt und sich sagt: Die Möglichkeiten sind noch längst nicht ausgeschöpft.
lebenswelten: Welche KI-Anwendungen sind in der Zukunft denkbar?
Laura Knoth: Momentan assistieren uns diese Tools bei der Arbeit. Ich kann mir vorstellen, dass wir in Zukunft KI-Agenten entwickeln, die gewisse Aufgaben selbständig in unserem Auftrag erledigen.
Verena Rinkner-Sattler: Ich sehe auch im privaten Umfeld Entwicklungsmöglichkeiten, zum Beispiel für ältere Menschen. Ein KI-Assistent könnte News vorlesen oder Arzttermine buchen und daran erinnern, einfach Dinge erledigen, die man selbst nicht mehr so gut schafft. Das Zwischenmenschliche – wie Wärme, Nähe, Berührungen – wird man ohnehin nie ersetzen können, das ist unsere Kernkompetenz, die in Zukunft noch wichtiger werden wird. Das „Nicht-Perfekte“, das uns als Menschen genauso ausmacht, hat meiner Meinung nach auch einen speziellen Charme.
Zukunft ist nicht. Zukunft macht man. Die Salzburg AG zeigt, wie das Morgen nicht einfach nur passiert, sondern aktiv gestaltet wird. Mit Engagement, Innovation und Zusammenarbeit legen wir die Grundlage für eine moderne Arbeitswelt.
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