Bidirektionales Laden in Österreich: E-Auto als Stromspeicher

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In Österreich tragen bereits mehr als 200.000 E-Autos zur Energiewende bei – aktuell nur während der Fahrt, dank bidirektionalem Laden zukünftig auch beim Parken. Dadurch können E-Auto-Batterien Strom aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Die Vision dahinter? Diese mobilen Stromspeicher können genutzt werden, wenn im Eigenheim Energie benötigt wird, der Strompreis am Markt hoch ist oder im öffentlichen Netz Stromspitzen abgefedert werden müssen

Warum der Energieverbrauch dadurch effizienter wird, wie besonders Haushalte mit PV-Anlagen davon profitieren und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, erfahren Sie im Folgenden.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim bidirektionalen Laden fließt der Strom in beide Richtungen. Das Elektroauto kann geladen werden und diese Energie wie eine Powerbank wieder abgeben. Es wird zu einem mobilen Energiespeicher.
  • Haushalte mit Photovoltaikanlage können ihr E-Auto als Batteriespeicher nutzen (Vehicle-to-home). Um eine schwankende Energieversorgung auszugleichen, können E-Autos direkt ins öffentliche Stromnetz einspeisen (Vehicle-to-grid).
  • Noch sind in Österreich nur wenige E-Autos und Wallboxen für diese Technologie geeignet. Viele Hersteller versprechen Bidirektionalität. In der Praxis sind das bisher meist Prototypen, die für die breite Anwendung noch nicht freigegeben sind.
  • Aus rechtlicher Sicht ist bidirektionales Laden in Österreich zwar erlaubt, aber es fehlen noch regulatorische Rahmenbedingungen.

Was ist bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden ermöglicht es, die Batterie eines Elektroautos nicht nur aufzuladen, sondern auch als Energiequelle zu nutzen. Der in der Antriebsbatterie gespeicherten Strom wird bei Bedarf entladen, um:

  • ein externes elektrisches Gerät zu betreiben (Vehicle-to-load)
  • den eigenen Haushalt mit Energie zu versorgen (Vehicle-to-home)
  • Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen (Vehilde-to-grid)

Vehicle-to-load (V2L)

Mithilfe einer Schuko-Steckdose beim Elektroauto werden elektrische Geräte mit Strom versorgt, z.B. ein Wasserkocher beim Camping oder ein Werkzeug für Handwerker bei Außendiensten.

Vehicle-to-home (V2H)

V2H birgt großes Potenzial für Hauseigentümer:innen mit PV-Anlagen. Denn Solarstrom muss direkt nach seiner Erzeugung verbraucht werden. Der Zeitpunkt, an dem am meisten Energie produziert wird (z.B. mittags), ist aber nicht derjenige, an dem am meisten gebraucht wird (z.B. morgens oder abends). Damit der überschüssige Strom genutzt werden kann, muss er zwischengespeichert werden.

Genau diese Funktion kann ein parkendes E-Auto übernehmen. Dafür ist es wie beim normalen Laden an der hauseigenen Wallbox angesteckt. Wenn das Eigenheim mehr Strom benötigt als die PV-Anlage gerade erzeugt oder der Strom komplett ausfällt, versorgt das Fahrzeug den Haushalt mit Energie. Wird zu viel Solarstrom erzeugt, wird der Überschuss in der E-Auto-Batterie gespeichert.

Speziell dafür vorgesehene PV-Speicher eignen sich auch dafür. Sie haben in der Regel aber wesentlich weniger Speicherkapazitäten als ein Elektroauto.

Vehicle-to-grid (V2G)

Österreich setzt in der Stromversorgung auf Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik. Erneuerbare Energie bietet viele Vorteile. Die Stromproduktion lässt sich aber schwerer steuern als bei fossilen Kraftwerken. Spitzenlasten und schwankende Erzeugung müssen daher ausgeglichen werden.

Zukünftig sollen parkende Elektrofahrzeuge genau dabei helfen: Mehrere tausende Elektroautobatterien werden virtuell zusammengeschalten. Dadurch werden Erzeugungsspitzen intelligent vor Ort gespeichert und kosteneffizient ausgeglichen. Am Energiemarkt lässt sich damit Geld verdienen, das Netz kann entlastet werden.

Salzburg AG - E-Auto Ladevorgang © Neumayr Fotografie - Christian Leopold/Salzburg AG
Bidirektionales Laden bietet zahlreiche Möglichkeiten für die Nutzung einer E-Auto Batterie. ©Salzburg AG

Ist bidirektionales Laden in Österreich erlaubt?

Bidirektionales Laden ist grundsätzlich erlaubt. In Österreich gibt es aber noch keine bidirektionale Ladestellen und einige regulatorische Rahmenbedingungen sind noch nicht geklärt.  

Technische Voraussetzungen

Für einen reibungslosten Ablauf müssen alle Komponenten kompatibel sein und effektiv miteinander kommunizieren können:

  • Kompatibles E-Auto
    Inzwischen gibt es immer mehr E-Autos, die fähig sind, bidirektional zu laden. Die meisten aktuell verfügbaren Modelle können den Strom direkt im Fahrzeug (on Board) nur von Wechselstrom (AC) in Gleichstrom (DC) umwandeln (z.B. VW ID Serie). Fürs Entladen benötigen sie eine technisch aufwändige DC-Wallbox. Sie ist vergleichbar mit einem PV-Wechselrichter mit Batteriemanagement.

 

Nur wenige Elektrofahrzeuge können on Board Wechselstrom erzeugen, der direkt aus dem Auto entladen werden kann (z.B. Konzept Renault 5). Hierfür reicht eine technisch einfache AC-Wallbox aus.

  • Bidirektionale Wallboxen/öffentliche Ladestationen

 

Der Stromfluss muss in beide Richtungen möglich sein In Österreich wird im Zuge des Forschungsprojekt Car2Flex an Prototypen gearbeitet.

 

  • Intelligentes Energiemanagementsystem
    Dieses smarte System koordiniert, wie hoch der Ladestand des Elektrofahrzeugs ist und (für V2H) wie viel Strom vom Haushalt gebraucht bzw. von der PV-Anlage gerade produziert wird.

 

Seit April 2023 gibt für die Kommunikation zwischen E-Auto und Ladestation eine Norm (ISO 15118-20).

Wie funktioniert es?

Elektrofahrzeuge fahren mit Gleichstrom (DC). Elektrogeräte und das öffentliche Stromnetz verwenden Wechselstrom (AC). Aus diesem Grund muss der Strom umgewandelt werden:

  • Beim E-Auto Laden: Umwandlung von Wechsel- in Gleichstrom durch einen Gleichrichter, der sich entweder direkt im Elektrofahrzeug (AC-Wallbox) oder in der Ladestation (DC-Wallbox befindet.
  • Wenn Strom aus der Antriebsbatterie bezogen wird: Umwandlung in netzüblichen Wechselstrom (AC) durch einen Umrichter der sowohl Wechsel- in Gleichstrom als auch Gleich- in Wechselstrom umwandeln kann. Erst dann kann das Auto als Energiequelle für den Haushalt verwendet werden.

Einfluss auf Lebensdauer von Batterien

Häufiges Laden und Entladen kann sich auf die Lebensdauer von Akkus auswirken. Auf die Alterung haben aber verschiedene Aspekte Einfluss. Unter Expert:innen steht aktuell zur Diskussion, ob Elektroautobatterien durch bidirektionales Laden schneller verschleißen.

Zeithorizont zur flächendeckenden Umsetzung

Bidirektionales Laden steckt weltweit noch in den Kinderschuhen. Die Europäischen Union sieht eine Umsetzung bis 2030 vor. „Technisch funktioniert das Thema einwandfrei, aber die regulatorischen Rahmenbedingungen sind für die Praxis noch nicht umgesetzt“, so David Grubinger, Projektingenieur bei Salzburg Netz GmbH.

Wie der aus der Antriebsbatterie ins Netz zurückgespeiste Strom vergütet wird und seinen Herkunftsnachweis („Mascherl“) erhält, muss für V2G noch geklärt werden. Dieses „Mascherl“ ist entscheidend für die Vermarktung des Stroms. Denn es muss sichergestellt werden, dass nur dann „grüner Strom“ eingespeist wird, wenn zuvor auch tatsächlich erneuerbare Energie geladen wurde. Grubinger hat dazu bereits eine Vision: „Am Ende des Tages soll es möglich sein, dass die Kund:innen eine Abrechnung für alles bekommen – Energieverbrauch, Einspeisung aus der PV und Speicherbewirtschaftung  der mobile E-Auto-Batterie.“

» Zum gesamten Interview mit dem Experten zum Thema bidirektionales Laden.

Häufig gestellte Fragen

Ist bidirektionales Laden in Österreich erlaubt?
Ja, bidirektionales Laden ist in Österreich grundsätzlich erlaubt. Für die Umsetzung fehlen aktuell noch geeignete Autos und Ladestationen. Auch die gesetzlichen bzw. regulatorischen Rahmenbedingungen sind noch nicht final geklärt.

 

Was brauche ich für bidirektionales Laden?
Das Elektroauto und die Wallbox müssen dafür geeignet sein. Sie können nur miteinander kommunizieren und arbeiten, wenn ihre Software dafür geeignet ist.  

 

Für wen lohnt sich diese Technologie?
Bidirektionales Laden eignet sich gut für Personen, die eine PV-Anlage besitzen oder ihr E-Auto häufig lange zu Hause stehen haben. Auch für Unternehmen mit E-Fahrzeugflotten birgt es Potenzial. Dadurch werden Stromkosten gesenkt und erneuerbare Energien effizienter genutzt.

 

Welche Autos kann man bidirektional laden?
Nur Elektroautos, die mit dieser Technologie kompatibel sind. Nissan gilt als Pionier, aber auch andere Hersteller wie beispielsweise Hyundai, VW oder Kia ermöglichen inzwischen bidirektionales Laden. Bei aAutos ist es bereits verpflichtend, dass Energie aus der Antriebsbatterie entnommen werden kann.

 

Kann ich mein E-Auto als Stromspeicher nutzen?
Nicht jedes Fahrzeug ist gleichermaßen dafür geeinigt. Ob dein E-Auto dafür geeignet ist, liest du am besten in der Bedienungsanleitung oder auf der offiziellen Website des Autoherstellers nach.

 

Kann ich mit meinem Hybrid bidirektional laden?
Hybridfahrzeuge sind für diese Technologie nicht geeignet. Ihre Batterie ist dafür zu klein.  

 

Wie wird sichergestellt, dass nicht zu viel Strom von meinem Auto entladen wird?
Das ist die Aufgabe des Lademanagements. Es kann vorgeben, dass die Antriebsbatterie von der Ladestation nie unter z.B. 50% SOC entladen werden darf. Das Lademanagement kümmert sich auch darum, dass sie im Standard nicht auf 100% vollgeladen wird. Eine 80kWh Batterie kann somit praktisch im Ladezustand zwischen 40 kWh (50%SOC) und 64 kWh (80%SOC) bidirektional bewirtschaftet werden.

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