Salzburg liegt mit einem Anteil von 48 Prozent an erneuerbarer Energie am Gesamtenergieverbrauch im Bundesländervergleich auf Platz zwei. Allerdings fehlt bis dato eine Energieform noch komplett: Wind. Zur Überbrückung erzeugungsschwacher Monate bei Wasserkraft und Photovoltaik im Winter und für mehr Unabhängigkeit soll Windkraft nun genutzt werden. An sogenannten Vorrangzonen wird im Bundesland Salzburg geprüft, ob sich in naher Zukunft erste Windräder drehen können.
Wind ist eine ideale Ergänzung zu Wasserkraft und Photovoltaik. Schließlich weht er dann am stärksten, wenn die beiden anderen erneuerbaren Energieformen weniger Strom liefern: in den Wintermonaten und in der Nacht. Es gibt allerdings noch weitere Gründe, die für die Nutzung des heimischen Windpotenzials sprechen: In Salzburg produzieren über 500 Wasserkraftanlagen rund 88 Prozent der gesamten Stromproduktion. Allerdings sind nur mehr wenige umweltverträglich nutzbare Restpotenziale vorhanden. Zudem kann Wasserkraft in den Wintermonaten nur circa 43 Prozent des Strombedarfs decken. Das Land Salzburg hat im Masterplan „Klima+Energie 2030“ festgehalten, dass bis 2030 250 Gigawattstunden Strom aus Windrädern erzeugt werden sollen – das entspricht mindestens 25 Windrädern nach aktueller Technik. In ganz Österreich soll ab 2030 sogar ein Viertel des heimischen Stroms aus Windkraftanlagen kommen. Wind ist somit ein wichtiger Baustein in der erneuerbaren Energie.
"Salzburg braucht Wind"
Selbst produzierter Strom fördert die Unabhängigkeit und stärkt die Versorgungssicherheit. Das bestätigt auch Christoph Angermaier, Projektentwickler für Windenergie bei der Salzburg AG: „Salzburg braucht Windenergie, um das Defizit ausgleichen zu können, wenn die Wasserpegel niedrig sind und die Sonne weniger scheint oder – anders formuliert – wenn die Eigenproduktion ein Minimum und der Preis am Markt für zugekauften Strom ein Maximum hat.“ Die Erhöhung der Eigenerzeugungsquote macht zusätzlich unabhängiger von fossilen Energieträgern. Im Winter 2021/2022 zum Beispiel konnte nur knapp 60 Prozent (59,4 %) der Elektrizität in Österreich aus eigenen erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. 26,6 Prozent des Stroms stammte aus der Verfeuerung von Erdgas in österreichischen Gaskraftwerken und die restlichen rund 14 Prozent aus dem Ausland, vor allem aus Tschechien mit einem Strommix aus Atom- und Braunkohlestrom oder aus Deutschland mit einem hohen Anteil von Strom aus Braunkohle, Steinkohle und Erdgas. „Mit Windenergie könnte man die Stromimporte bzw. die Erdgasverstromung verringern“, erklärt Christoph Angermaier.
Österreicher:innen für mehr Windenergie
Das erkennt auch die Bevölkerung. Mittlerweile finden 91 Prozent der Österreicher:innen es wichtig, dass erneuerbare Energie aus Wind, Sonne und Wasserkraft zügig ausgebaut wird. Dass dies zu Veränderungen im Umfeld führen kann, würden die Menschen laut Ergebnissen vom Energie-Trendmonitor 2023 in Kauf nehmen. 82 Prozent geben sogar an, den Betrieb von Windrädern und Sonnenkollektoren in der eigenen Nachbarschaft zu akzeptieren. Ähnliche Ergebnisse liefert die Studie „Erneuerbare Energien in Österreich 2023“. Sie offenbart, dass die Akzeptanz von Windenergieprojekten in der Nähe der Gemeinde bei der eigenen Bevölkerung im Steigen ist.
Detaillierte Windmessungen
Um den Ausbau weiter voranzutreiben, braucht es allerdings das Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Bevölkerung. Das Land Salzburg hat deshalb im Landesentwicklungsprogramm elf Vorrangzonen geprüft und ausgewiesen. Diese wurden von einer Arbeitsgruppe anhand detaillierter Kriterien und Parameter ermittelt und einer Vorprüfung unterzogen. „Wir sind bei unseren Windprojekten in unterschiedlichen Phasen und führen auch schon Windmessungen durch“, hält Ulrich Kirchmayr, Projektentwickler für Windenergie bei der Salzburg AG, fest.
Optimale Standorte finden
Doch was zeichnet einen guten Standort für Windmessungen aus? „Bergkämme eignen sich physikalisch gesehen sehr gut für die Windenergienutzung, denn dort sind die Windgeschwindigkeiten höher als im Tal. Das liegt daran, dass der Wind auf der windzugewandten Seite des Hügels komprimiert wird und sich wieder ausdehnt, sobald er den Kamm erreicht“, so Ulrich Kirchmayr. Und natürlich spielen andere Parameter ebenfalls eine wichtige Rolle. So sollte das Gebiet bestmöglich über eine entsprechende Straßen- und Elektrizitätsinfrastruktur verfügen. Zum einen, damit die Sondertransporte die Komponenten der Windkraftanlage liefern können, und zum anderen, damit später der Strom verteilt werden kann. Sind diese Dinge geklärt, gilt es zu prüfen, ob genug Wind für die Errichtung einer Windturbine weht. Dafür sind umfassende Windmessungen notwendig.
Wind ist nicht gleich Wind
Bei manchen Standorten sind bereits erste Windmessdaten, etwa von Wetterstationen, vorhanden. Handelt es sich allerdings um „windtechnisch weiße Flecken“, kann es sinnvoll sein, einen Gittermast in niedriger Höhe zu installieren, um erste Erkenntnisse zu sammeln. Auf diesem befinden sich verschiedene Geräte, die den Wind messen und analysieren. Aus diesen Daten lässt sich ableiten, wie viel Wind weht, wie schnell dieser ist und aus welcher Richtung er kommt. „Sind diese Ergebnisse vielversprechend, ist also eine grundsätzliche Windkrafttauglichkeit gegeben, wird ein Windmast in 80 bis 120 Meter Höhe nach fest definierten Normen installiert. Er ermöglicht noch detailliertere Messungen über einen Zeitraum von zwölf bis 24 Monaten und liefert den Windenergie-Anlagenherstellern genormte Windmessdaten. Sofern auch diese Windmessung positiv verläuft, starten die Prüfungen zu den Umweltauswirkungen der Windenergieanlage. Je nach Größe des Projektes kommen unterschiedliche Verfahren zur Anwendung. Allen gemein ist: Die Umweltauswirkungen werden in allen Fällen genauestens geprüft. „Erst nach einem positiven Bescheid kann ein Projekt umgesetzt, sprich gebaut und betrieben, werden“, so die Windenergieexperten der Salzburg AG.
Strenge Naturschutzprüfungen vor Errichtung
Eine durchschnittliche Windkraftanlage (4,2 Megawatt Leistung) erzeugt mit den Windbedingungen im Salzburger Land voraussichtlich knapp neun Gigawattstunden Strom. Das ist genug, um 2.300 Haushalte das ganze Jahr mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Dennoch gibt es immer noch Bedenken hinsichtlich des Landschaftsbildes und der Auswirkungen auf die Umwelt. Dabei ist festzuhalten: Ein Windrad benötigt lediglich 0,3 Hektar Fläche. Windenergie zählt damit zu den Stromerzeugungsanlagen mit dem geringsten Flächenverbrauch. Nach dem Ablauf der Nutzungsdauer von durchschnittlich 25 Jahren lassen sich Windkraftanlagen rückstandslos abbauen und viele Bestandteile wiederverwerten. Immer wieder ist die Rede davon, dass Windräder einen negativen Einfluss auf die allgemeine Vogelpopulation haben. Dies ist allerdings verglichen mit anderen Faktoren verschwindend gering. Um eine mögliche Bedrohung zu minimieren, werden im Rahmen der Genehmigung strenge Naturschutzprüfungen und Vogeluntersuchungen am geplanten Standort angestellt. Christoph Angermaier weiß dazu: „Vogelschutz und Windenergie schließen sich nicht aus, wie man in Ostösterreich beobachten kann. Trotz intensiven Ausbaus der Windkraft in den vergangenen 20 Jahren sind dort dank umsichtiger Planung die Bestände von gefährdeten Arten wie Seeadler und Kaiseradler kontinuierlich am Wachsen.“ Neben dem Schutz von Vögeln sind viele weitere Vorschriften bei der Errichtung von Windkraftanlagen einzuhalten. Dazu zählen zum Beispiel strenge Lärmschutzauflagen, Grenzwerte bei der Beschattungszeit oder Brandschutzkonzepte.
Geringe Stromgestehungskosten
Gleichzeitig ist Windkraft wirtschaftlich und mit wenigen Eingriffen in die Natur verbunden. Zahlreiche Studien belegen, dass Wind – von den erneuerbaren Energien im österreichischen Gesamtschnitt – jene Form der Energieerzeugung mit den geringsten Stromgestehungskosten ist. Das sind die Kosten, die für die Erzeugung von elektrischer Energie notwendig sind. Das bedeutet, dass Windenergie aktuell die wirtschaftlichste Form der Stromerzeugung ist. Das Bundesland Salzburg soll bis 2050 klimaneutral und energieautonom sein. Um diese Energiewende zu schaffen, müssen alle erneuerbaren Energieträger forciert werden – so auch Wind.
Quellen:
- Energiewende in Salzburg — Erneuerbare Energie Österreich (erneuerbare-energie.at)
- Wasserkraft – Land Salzburg
- Fakten zur Windkraft – PüSPöK (puespoek.at)
- Österreicher für Ausbau von Wind- und Sonnenkraft – selbst in der Nachbarschaft (FOTO) | STIEBEL ELTRON, 06.07.2023 (ots.at)
- Gutachten zu den Betriebs- und Investitionsförderungen im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) (oem-ag.at)
- Stromproduktion | Energy-Charts