Kraftwerk Sulzau: Klein, aber fein

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Mitte 2025 treibt das Wasser des Obersulzbaches über eine 2 Meter Druckrohrleitung die Turbinen im Krafthaus Sulzau an, aber nicht nur das. Über einen kleineren Extra-Strang saust auch Trinkwasser aus den Quellen des Blausees zu den in der Gemeinde Neukirchen am Großvenediger und dem Ortsteil Sulzau gelegenen Häusern. „Wir integrieren die neue Trinkwasserleitung beim Bau in unsere Rohrleitungstrasse. Das geht alles auf einmal und bringt einen Mehrwert für alle“, freut sich Thomas Friedrich, Projektleiter des Kraftwerkes Sulzau.

Der Begriff Mehrwert lässt sich grundsätzlich auf das Kraftwerk Sulzau übertragen. Das wird klar, schauen wir auf die Features des Kraftwerkes: Begrüntes Flachdach plus umgebender Gartengestaltung mit Bäumen und vielen Pflanzen. So ist das Kraftwerk etwa von oben fast nicht wahrnehmbar. Der Wandererblick von den Berggipfeln aus bleibt nirgendwo hängen. Eine mattschwarze, nicht verspiegelte Photovoltaik-Anlage liefert dem Kraftwerk und bei Überschuss der Umgebung Sonnenstrom und ist durch die spezielle Auslegung besonders effizient. E-Auto-Besitzer in der Region aufgepasst! Zusätzlich wird damit eine öffentlich zugängliche Ladestation betrieben. Zwei große Fenster erlauben den Blick ins Innere des Krafthauses. Thomas Friedrich: „Wir wollen die Technik zu den Menschen bringen und nicht als Blackbox wahrgenommen werden.“ Und dann gibt es die wirklichen Stars im Kraftwerk: die Turbinen. Francis, Pelton, DIVE – für den Techniker ein Aha, für den Laien nichts als Namen. lebenswelten reiht sich eher in diese Gruppe ein und hat sich in einem Interview das Ganze erklären lassen:

Thomas Friedrich, Projektleiter des Kraftwerkes Sulzau lehnt gegen ein Modellwasserrad © Neumayr Fotografie - Christian Leopold/Salzburg AG
Thomas Friedrich ist Projektleiter des Kraftwerkes Sulzau. © Neumayr Fotografie - Christian Leopold/Salzburg AG

lebenswelten: Was steht am Anfang der Planung eines Wasserkraftwerkes?

Thomas Friedrich: Wir schauen uns die Jahreswassermengen an. In dem Fall jene des Obersulzbaches und daraus ergibt sich die richtige Maschinenkonzeption, um die Wassermengen effizient  und nachhaltig abarbeiten zu können und zwar jede Maschine einzeln bzw. in der Gesamtschau.

lebenswelten: Da reden wir schon von den Turbinen. Warum diese?

Thomas Friedrich: Wir setzen im Kraftwerk Sulzau drei Turbinen in unterschiedlicher Bauart und Größe ein. Einmal die größerer Francis-Turbine, die gerade im Sommer läuft und hohe konstante Wassermengen durch Schneeschmelze oder Regen aufnehmen kann und sich für mittlere Gefälle gut eignet. In unserem Fall haben wir eine Fallhöhe von ca. 78 Metern. Die kleinere Pelton-Turbine passt sich gut an wechselnde Wassermengen an und dass bei fast gleichbleibendem Wirkungsgrad. Sie gleicht Tag- und Nachtschwankungen im Wasserdargebot sehr gut aus und schaltet sich zur größeren Turbine bei Bedarf  dazu. Im Winter übernimmt sie die ganze Arbeit und gibt uns die Möglichkeit zur Wartung der Francis Turbine. Dann haben wir noch eine DIVE-Turbine mit dabei. Sie arbeitet oben im Bereich der Wasserfassung. An dieser Stelle gibt es bereits zwei bestehende Sperren, errichtet von der Lawinen- und Wildbachverbauung. Die obere „alte Blauseesperre“ nutzen wir für das Einlaufbauwerk des Kraftwerkes. Genau an diesen Gefällestufen mit 20 Metern Höhenunterschied, setzen wir die DIVE Turbine für die Abgabe des  Dotationswassers ein. Sie schafft auch noch mal eine Erzeugung von 1 GWh (Gigawattstunde) und variiert die Wassermenge zwischen 200 und 2200 Litern in der Sekunde, abhängig vom tatsächlichen Zufluss. So behält der Bach seinen natürlichen, ökologischen Zustand. Insgesamt schaffen alle Turbinen gemeinsam bis zu 18,4 GWh pro Jahr. Möchte man es mit dem berühmten Durchschnittsverbrauch der Haushalte ausdrücken, wären das ca. 4.000 bis 4.500 Haushalte. Da der Verbrauch individuell sehr unterschiedlich ist, schwanken diese Angaben ein wenig.

Knapp ein Jahr vor der Inbetriebnahme ist bereits viel zu sehen vom Kraftwerk Sulzau. ©Salzburg AG
Knapp ein Jahr vor der Inbetriebnahme ist bereits einiges zu sehen vom Kraftwerk Sulzau. ©Salzburg AG

lebenswelten: Weil wir gerade über die Leistung sprechen. Wie siehst du die Zukunft der Wasserkraft im Zusammenhang mit der Energiewende?

Thomas Friedrich: Es geht nur im gesunden Mix aller erneuerbaren Energieformen. Ich habe zuhause auch eine PV-Anlage am Dach, aber die Waschmaschine braucht auch Strom, wenn die Sonne nicht scheint. Wasserkraft funktioniert gut über das ganze Jahr betrachtet, kann aber durch Sonnen- und Windkraft super ergänzt werden. Da haben auch so kleine Kraftwerke wie Sulzau ihre Wichtigkeit und Richtigkeit. Jedes Prozent, mit dem wir unseren Eigenstromanteil über erneuerbare Quellen erhöhen können, bringt uns in der Energiewende ein Stück vorwärts. Damit machen wir uns stärker und unabhängiger. Die vielen kleinen Dinge, machen das Ganze zum Großen. In dem Fall stimmt es zu hundert Prozent.

#WIRARBEITENDRAN

Zukunft & Sicherheit

„Mein Name ist Thomas Friedrich und als Techniker in der Salzburg AG kümmere ich mich um die Planung und Realisierung von Projekten. Die Wasserkraft bestimmt seit vielen Jahren mein Arbeitsfeld und ich bin sehr froh, mit nachhaltigen Projekten einen Teil dazu beitragen zu können, eine enkeltaugliche Welt zu schaffen. Wasser, Wind, Sonne – sie bestimmen unser Leben und das soll auch bei der Energieerzeugung so sein. Darum realisieren wir im Team gemeinsam Wasserkraftwerke, Windkraftanlagen und Photovoltaikprojekte, worauf wir stolz sind und haben gerade begonnen das Wasserkraftwerk Sulzau zu errichten, welches ab 2025 nachhaltige und erneuerbare Energie liefern wird. Das Projekt – vom ersten Strich auf einem Plan bis zur Inbetriebnahme – zu führen, ist eine sehr verantwortungsvolle und herausfordernde Aufgabe. Ich freue mich schon auf die nächsten Monate und vor allem auf die Inbetriebnahme!“

Thomas Friedrich, Projektleiter des Kraftwerks Sulzau

Salzburg AG TV begleitet den Baufortschritt des Kraftwerks Sulzau und bietet spannende Einblicke hinter die Kulissen:

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