Schubladen engen den Blick ein

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Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Personalmanagement hat Mag. Monika Pleschinger als Human-Ressources-Managerin, selbständige Trainerin und Coach schon viele Trends bzw. Veränderungen am Arbeitsmarkt erlebt. Nur: Einen derartigen Umbruch wie jetzt, gab es noch nie. Davon ist sie überzeugt. lebenswelten wollte das genauer wissen.

lebenswelten: Arbeit und alles was damit zusammenhängt befindet sich im radikalen Wandel. Nicht nur das Wie des Arbeitens, sondern auch das Warum des Arbeitens bringt Fragen, die Mitarbeitende in die viel diskutierten Generationen von Baby Boomer, Gen Y, Z etc. teilt. Was halten Sie davon und was bedeutet das für Unternehmen?

Monika Pleschinger: Es ist tatsächlich so, dass es gefühlt in den letzten 70 Jahren keine derartige massive Veränderung gab, wie die aktuelle. Tatsache ist auch, dass in Unternehmen verschiedene Generationen mit unterschiedlichem Mindset zusammenarbeiten und das auch müssen. Ich bin kein großer Fan dieser Generationsschubladen in Babyboomer, Generation X, Millennials, Gen Z etc. Schubladen engen den Blick ein. Klar ist aber, dass jede dieser Gruppen unterschiedlichen Werten, Erwartungen, Rollenbildern, prägenden Einflüssen sowie Technologien zugeordnet werden kann. Darauf muss ein Unternehmen reagieren. Da braucht es Fragestellungen, etwa wie sind diese Generationen in meinem Unternehmen verteilt, in welchen Formaten, Projekten bringe ich diese Gruppen bewusst zusammen, wie können sie gegenseitig von ihrem Wissen profitieren.

© Neumayr Fotografie - Christian Leopold/Salzburg AG
Das Arbeitsumfeld wird zunehmend diverser. Das bringt auch neue Herausforderungen mit sich.

lebenswelten: Die letzten Jahre waren in vielfacher Hinsicht herausfordernd und zwar in gleichem Maße für alle. Hatte das auch Auswirkungen auf das gemeinsame Arbeiten?

Monika Pleschinger: Definitiv. Viele haben erkannt, dass sie auch mit weniger Arbeitsstunden finanziell ihr Auskommen finden. Sie haben sich auf neue Technologien eingelassen und diese ausprobiert. Gerade die Gruppe der Älteren hat die Flexibilität im Arbeiten schätzen gelernt, die für Jüngere bei zukünftigen Jobs immer mehr zum Entscheidungskriterium wird. Alle standen vor ähnlichen Herausforderungen und haben sich über die Altersgruppen hinweg gegenseitig unterstützt. Das zeigte sich auch in Unternehmen.

lebenswelten: Gehen wir kurz auf das Thema Homeoffice ein. Manche Unternehmen haben sogar darüber nachgedacht, einen Teil ihrer Büros aufzulösen. Wir sehen Sie diese Entwicklung?

Monika Pleschinger: Homeoffice ist ein wichtiges Thema, gerade auch für die Gen Z. In dieser Generation gibt es kein „offline oder online“. Es muss alles möglich sein, so wie es individuell am besten empfunden wird. Da wir alle soziale Wesen sind, hat aber auch das Arbeiten im Büro eine wichtige Funktion. Dort geht es um den zwischenmenschlichen, kreativen Austausch. Es ist der Ort für das Wir-Gefühl, wo Neues durch Interaktion und Gespräche entsteht. Daher sollten Unternehmen ganz bewusst Formate für Präsenz und damit persönliche Begegnungen planen und schaffen, aber hier gilt: Je flexibler, desto besser.  Noch einmal verändern wird sich das Thema Remote-Arbeiten, sobald die Baby Boomer in der Pension sind.

 

lebenswelten: Was braucht ein Unternehmen, um gute Mitarbeiter:innen zu bekommen?

Monika Pleschinger: Eine klare und echte Identität. Wie steht das Unternehmen zu sozialem Engagement, zu Umweltthemen, wie ist das Arbeitsklima, wie werden Entscheidungen im Unternehmen getroffen und welche Werte liegen diesen zugrunde? Wenn Stelleninserate etwas anderes versprechen, als die Realität zeigt, fällt das Kartenhaus schnell in sich zusammen. Daher ist Authentizität gefragt. Aufgrund des zunehmenden Fachkräfte- und Arbeitnehmermangels wird immer öfter direkt dort angedockt wo Bildung passiert, etwa in Schulen, FHs, Universitäten etc. Dort startet die Suche nach den besten Absolvent:innen oder durch Mitarbeiter:innen-Empfehlungen. Ein großes Plus sind auch Angebote wie Führen in Teilzeit oder Arbeitsplätze für beeinträchtige Personen. Damit lassen sich bestimmte Zielgruppen explizit ansprechen. Frauenförderprogramme sind zentral. Stellen Frauen doch die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung dar und kommen trotzdem oft zu kurz. Firmen werden in Zukunft noch mehr gesellschaftliche, soziale, umweltrelevante Verantwortung übernehmen. Das extreme Profitdenken wird anderen Werten weichen müssen. Das dauert aber noch, obwohl wir die Veränderung jetzt schon dringend bräuchten.

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