Öffentlicher Verkehr ist Vorreiter der E-Mobilität

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Bereits seit den 1940er Jahren ist der Obus in Salzburg durch Oberleitungen betrieben. Dadurch werden die Strecken für Einwohner:innen, Tourist:innen sowie Pendler:innen zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie und mit 0 Prozent Schadstofferzeugung zurückgelegt. Bei inzwischen ca. 30 Millionen Fahrgästen jährlich auf 12 Linien und 128 Kilometern Linienlänge ist dies eine beachtliche Einsparung sowohl an Emissionen als auch an Lärm im Stadtgebiet. Seit 2019 wird dieses Angebot zusätzlich durch eObusse unterstützt, die auch beim Abdocken von der Oberleitung – etwa aufgrund von Umleitungen oder Baustellen – mit einem E-Motor betrieben werden können. Zusätzlich betreibt das Unternehmen die für das Bundesland so wichtigen Lokalbahnen im Salzburger Flachgau sowie im Pinzgau. Auch damit sind Pendl:innen, Schüler:innen und Touristen das ganze Jahr über elektrisch unterwegs. Damit ist die Salzburg AG auch bundesweit ein wichtiger Player für emissionsfreie ÖPNV-Dienstleistungen.

Welchen Beitrag der öffentliche Verkehr in Österreich generell auf die Energieeffizienz und Emissionseinsparungen leistet, kann im folgenden Artikelfeature des VCÖ nachgelesen werden.

Inhaltsverzeichnis

Artikelfeature des VCÖ / Autorin: Lina Mosshammer

Der Öffentliche Verkehr ist wesentlich klimaverträglicher als der Pkw. Laut Umweltbundesamt verursachen Diesel- und Benzin-Pkw dreimal so hohe CO2-Emissionen wie Diesel-Busse und sogar elfmal so hohe Emissionen wie die Bahn, die 82 Prozent ihrer Personenkilometer bereits auf elektrifizierten Strecken mit Oberleitung erbringt.

Bei der Dekarbonisierung des Öffentlichen Verkehrs zeigt sich deutlich die Überlegenheit rein elektrischer Fahrzeuge gegenüber anderen Alternativen. Sowohl bei Linien- und Reisebussen als auch im Schienenpersonenverkehr benötigen die Wasserstoffvarianten rund 2,7-mal so viel Energie pro Personenkilometer wie die Batterieversionen der Fahrzeuge. Oberleitungszüge benötigen sogar nur ein Drittel der Energie von Wasserstoffzügen. Auf Basis von Wasserstoff würde der Öffentliche Verkehr also einen seiner großen Vorteile verlieren: die Energieeffizienz.

Elektrifizierung von Bahnstrecken steigt auf hohem Niveau weiter an

Heute werden in Österreich 82 Prozent aller mit Schienenfahrzeugen zurückgelegten Personenkilometer auf Strecken mit Oberleitungen gefahren. Die Tendenz ist dabei weiter steigend: Der Anteil elektrifizierter Strecken im ÖBB-Netz soll von 74 Prozent im Jahr 2021 auf 85 Prozent bis zum Jahr 2030 und 89 Prozent im Jahr 2035 steigen.  Eine hundertprozentige Elektrifizierung streben die ÖBB aus Ressourcengründen jedoch nicht an. Um auf weniger intensiv genutzten Nebenstrecken künftig trotzdem emissionsfrei zu fahren, soll im Frühjahr 2023 eine Ausschreibung für 120 neue Triebzüge abgeschlossen werden, die den Strom sowohl aus der Oberleitung als auch bei Bedarf aus einer Batterie beziehen können.

Österreich gehört bei E-Bussen noch zu den Nachzüglern in Europa

Bei Bussen dominieren nach wie vor Dieselmotoren. Elektrisch betriebene Busse sind noch die Ausnahme. Salzburg und Linz verfügen seit Jahrzehnten über Oberleitungsbusse, die einen elektrischen Betrieb im Stadtgebiet ermöglichen.  

Im Jahr 2021 gab es österreichweit 184 E-Busse. Aber nur ein Prozent der im Jahr 2021 neu angeschafften Stadtverkehrsbusse verfügte über emissionsfreie Antriebe – im Gegensatz zu 100 Prozent in den Niederlanden und 23 Prozent im europäischen Durchschnitt. Damit gehört Österreich europaweit zu den Nachzüglern bei der Elektrifizierung der Busflotten des Öffentlichen Verkehrs.

Dennoch werden schrittweise Unternehmungen in diese Richtung unternommen – so etwa bei der Salzburg AG. Hier sollen mit Ende 2023 ca. 43 vollständig Batteriebetrieben eBusse der Firma HESS unterwegs sein. Diese helfen Oberleitungslücken zu überwinden – etwa bei Baustellen oder Umleitungen – sowie neue Strecken zu erschließen, wie etwa die Linie 5, die Batteriebetrieben bis nach Grödig fährt.

EU-Verordnung sorgt für Boom bei E-Bussen

Bei den Neuanschaffungen lagen im Jahr 2021 – laut einer Erhebung für die EU sowie für das Vereinigte Königreich, die Schweiz, Norwegen und Island – batterie-elektrische E-Busse für den Stadtverkehr weit vor Bussen mit Brennstoffzellen (H2): 3.282 verfügen über Batterien, nur 158 fahren mit Wasserstoff. Im ersten Halbjahr 2022 ging die Schere noch weiter auf. 1.768 neuen E-Bussen stehen nur 52 H2-Busse gegenüber.

Die Zahl der Elektro-Busse wird auch weiterhin rasant steigen. Nach Vorstellungen der EU-Kommission soll bis zum Jahr 2030 der gesamte Linienverkehr unter 500 Kilometern klimaneutral sein. Zusätzlich hat die Europäische Union mit der Clean Vehicles Directive bereits jedem Mitgliedsstaat individuelle Ziele für den Öffentlichen Verkehr verordnet. 45 Prozent der in den Jahren von 2021 bis 2025 und 65 Prozent der von 2026 bis 2030 in Österreich ausgeschriebenen Stadtverkehrsbusse müssen demnach abgasarm sein. Mindestens 50 Prozent davon muss sogar komplett abgasfrei sein. Dafür kommen nur Oberleitungsbusse, batterie- oder wasserstoffbetriebene Busse in Frage.

Mehr als 40 europäische Großstädte – darunter Berlin, London, Paris, Madrid und Rom – kaufen entweder bereits nur noch abgasfreie Busse oder wollen das spätestens ab dem Jahr 2025 tun. Elf davon haben die Europäische Union aufgefordert, ab dem Jahr 2027 nur noch den Verkauf emissionsfreier Stadtverkehrsbusse zu gestatten. Durch dieses klar definierte Ziel sollen die Hersteller Investitionssicherheit für die rasch notwendigen Produktionskapazitäten erhalten. Denn die Nachfrage nach E-Bussen kann schon jetzt nicht völlig gedeckt werden.

Förderprogramm sorgt auch in Österreich für verstärkte Nachfrage bei E-Bussen

Die europäischen Vorgaben, das im Mobilitätsmasterplan 2030 für Österreich fixierte Ziel ab dem Jahr 2030 nur noch emissionsfreie Busse zuzulassen und zuletzt vorhandene Fördermittel zeigen auch in Österreich Wirkung. Das Klimaministerium erteilte im Jahr 2022 über das EBIN-Programm Förderungen für die Anschaffung von 407 emissionsfreien Linienbussen sowohl für den Stadt- als auch den Regionalverkehr.

E-Busse laden sich beim Bergabfahren wieder auf

Im Tiroler Zillertal sind zu Beginn des Jahres 2023 vier E-Busse in den Regionallinienbetrieb gegangen. Den batteriebetriebenen Bussen wird dort trotz der bergigen Topografie ein hohes Potenzial bescheinigt. Denn dank der Möglichkeit der Rekuperation – der Zurückgewinnung von Energie beim Bremsen – kann auf den Bergabstrecken ausreichend viel Strom wieder in die Batterien gespeichert werden, um ohne Zwischenladen den Tag durchzufahren. Ansonsten kommen zum Laden von E-Bussen zwei verschiedene Konzepte zur Anwendung.. Depotlader laden ihre Batterien außerhalb der Betriebszeit mit einer relativ geringen Ladeleistung von 50 bis 150 Kilowatt. Gelegenheitslader laden die Batterien hingegen auch während der Betriebszeiten. Standard ist dabei Laden an der Endstelle einer Linie über einen Stromabnehmer – entweder schnell mit bis zu 450 Kilowatt Ladeleistung oder auch langsamer und dafür batterieschonender.

Zur Herausforderung für die Verkehrsbetriebe wird die neue Infrastruktur für emissionsfreie Busse. Insbesondere der erhöhte Platzbedarf während des anfänglichen Parallelbetriebs mit Dieselbussen. Beim gleichzeitigen Einsatz von E- und H2-Bussen bleibt dieser auch langfristig erhalten, denn sowohl E-Busse als auch H2-Busse benötigen für Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung angepasste Werkstätten mit Dacharbeitsständen, Spezialwerkzeugen und Diagnoseausrüstung.

Öffentlichen Verkehr elektrifizieren – Key-Take-Aways

  • E-Mobilität ist vor allem Öffentlicher Verkehr. Er ist das Rückgrat eines klimaverträglichen Verkehrssystems und leistet einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung.
  • Sowohl innerstädtisch als auch auf regionalen Strecken sind praxistaugliche E-Busse bereits im Einsatz. Um alle unterschiedlichen Anforderungen abzudecken, braucht es rasch weitere Modelle am Markt.
  • Aufbau einer umfassenden Ladeinfrastruktur, um den Hochlauf der E-Busse zu ermöglichen.

Dieser Beitrag wurde vom VCÖ, eine auf Mobilität und Transport spezialisierte, gemeinwohlorientierte Organisation, zur Verfügung gestellt.

Dieser Artikel wurde von Lina Mosshammer (VCÖ – Mobilität mit  Zukunft) verfasst und ist auf der Webseite des VCÖ in seiner ungekürzten Version nachzulesen.

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