„Sei ehrlich!“ – Was die lila Kuh mit Zufriedenheit im Job zu tun hat

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Bist du glücklich in deinem Job? Was sich Menschen von ihrem Arbeitgeber wünschen, warum sie bleiben oder gehen – das wollten wir von der HR-Spezialistin Monika Pleschinger wissen. Sie erklärt, warum die aktuellen Trends betreffend Mitarbeiterzufriedenheit teilweise gar nicht so neu sind. Und warum Unternehmen offen sagen sollten, dass es lila Kühe in Wahrheit nicht gibt.

Inhaltsverzeichnis

„Bester Arbeitgeber 2024“: Über diese Auszeichnung darf sich die Salzburg AG freuen, die laut einem Ranking des renommierten MARKET-Instituts unlängst erneut zu den Top-3 der Salzburger Leitbetriebe zählt. In der zugrunde liegenden Studie wurde unter anderem das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen bewertet. Das ist freilich nicht überall so gut wie bei der Salzburg AG. Denn hohe Raten bei Fluktuation und Krankenständen sind klassische Warnsignale dafür, dass ein Betrieb nicht mit viel Loyalität oder Leistungswillen seitens der Belegschaft rechnen kann. 

Was machen davon betroffene Unternehmen falsch, was macht die Salzburg AG richtig? „Danke“ ist ein kleines, unscheinbares Wort, das umso mehr positive Wirkung entfalten kann. Um der gesamten Belegschaft ihre Wertschätzung ausdrücken, feiert die Salzburg AG am ersten Freitag im März den internationalen „Employee Appreciation Day“. Schon die ganze Woche davor wurden die Mitarbeiter:innen und ihre Leistung fürs Unternehmen mit mehreren internen Aktionen hervorgehoben.

 

Ein Dankeschön allein reicht freilich nicht aus, damit Menschen ihren Job genauso gern wie gut machen. Die Schlüsselfaktoren für Mitarbeiterzufriedenheit kennt Mag. Monika Pleschinger nicht nur dank ihrer langjährigen Erfahrung im Personal-Management sehr gut. Inzwischen als Unternehmensberaterin und Trainerin selbständig tätig, führt die gebürtige Steirerin unter anderem hunderte Bewerbungsgespräche pro Jahr, um qualifizierte Fachkräfte für ihre Businesskund:innen zu rekrutieren. Ein aktuelles Bild davon, welche Benefits im Jobumfeld besonders gefragt sind, liefert ihr außerdem das Feedback von jungen Studierenden, die sie an Fachhochschulen in Salzburg und Steyr sowie an der Universität Salzburg unterrichtet. 

lebenswelten: Was verstehen Sie unter Mitarbeiterzufriedenheit und gibt es dabei so etwas wie die Top-3-Faktoren? 
Monika Pleschinger: Das ist ein sehr komplexer Begriff, den man nicht so einfach definieren kann, weil jeden Menschen etwas anderes zufrieden macht.

Wichtig ist auf jeden Fall das Arbeitsumfeld, da gehören Beziehungen, Kommunikation, Wertschätzung dazu. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Führungskräfte: Es kann eine tolle Unternehmenskultur geben, aber in einer Abteilung trotzdem eine hohe Fluktuation, weil der Vorgesetzte nicht passt. Außerdem müssen die Rahmenbedingungen wie Arbeitszeit und Gehalt passen. Wenn man das Gefühl hat, unterbezahlt zu sein oder dass gleichrangige Kolleg:innen mehr verdienen, dann führt das schnell zu Unzufriedenheit. Wichtig ist aus meiner Sicht auch das Thema Benefits, also zum Beispiel: Wie kümmert sich mein Arbeitgeber um mich, bekomme ich einen Firmen-Laptop, kann ich ins Homeoffice gehen, wenn ich das brauche. Der dritte große Faktor ist das Thema Weiterentwicklung: Viele Menschen wollen mit ihrer Aufgabe wachsen, sich im Unternehmen weiterentwickeln und eigene Ideen einbringen können.

Es gibt aber auch Mitarbeiter:innen, die einfach ihren Nine-to-five-Job gut machen und sich in der restlichen Zeit lieber mit dem Hobby oder der Familie beschäftigen wollen. Das ist genauso OK. Es ist die große Herausforderung für Arbeitgeber, diese unterschiedlichen Wünsche und Bedürfnisse zuzulassen. Auf der anderen Seite ist es aber auch kein Wunschkonzert. Der Arbeitgeber kann nicht auf die ganze Fülle an individuellen Wünschen eingehen, es braucht schon auch Rahmenbedingungen.

 

lebenswelten: Gibt es, sozusagen schon an der Eingangstür eines Unternehmens, Anzeichen, die Ihnen signalisieren, dass sich das Personal hier wohlfühlt – oder eben nicht? 

Monika Pleschinger: Das spürt man an der Stimmung. Wie gehen die Leute – nicht nur Führungskräfte, sondern auch Mitarbeiter:innen – miteinander um? Wird hier gelacht, gescherzt, an einem Strang gezogen? Wie ehrlich, wie authentisch tritt die Unternehmensführung auf?

einfach.laden Team ©Andreas Hechenberger / Salzburg AG
Eine gute Stimmung im Team wirkt sich auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen aus. ©Andreas Hechenberger / Salzburg AG

Ein tolles Team ist wichtiger als ein hohes Gehalt

lebenswelten: Welchen Stellenwert haben menschliche Beziehungen bei der Frage, ob jemand gern in einem Betrieb arbeitet? 
Monika Pleschinger: Das Arbeitsumfeld ist wahrscheinlich eines der relevantesten Themen. Gemeint ist damit zum Beispiel: Wie geht es mir mit meinem Vorgesetzten, welche Beziehung habe ich zu meinem Chef, mit meinen Kolleg:innen, wie ist das Verhältnis zueinander im Team. Kann ich Entscheidungen, die getroffen werden, nachvollziehen, werde ich informiert. Wie wird generell kommuniziert.

 

Wenn ich in Bewerbungsgesprächen frage, was den Bewerber:innen im Job wichtig ist, dann kommt ganz, ganz oft das Wort Team. Das heißt, ich möchte mich mit meinen Kolleg:innen gut verstehen und dass wir uns gegenseitig unterstützen. Sehr oft kommt auch das Thema Kommunikation auf Augenhöhe, konstruktives und ehrliches Feedback, generell das Thema Wertschätzung und Respekt. Ich höre oft Aussagen wie: Da verdiene ich lieber ein paar tausend Euro weniger im Jahr und komme dafür in ein Unternehmen, wo die Unternehmenskultur authentisch ist, wo das gehalten wird, was auf der Homepage versprochen wird.

 

lebenswelten: Sie sprechen damit auch das sogenannte Employer Branding an. Welchen Einfluss hat diese Form der „Selbstvermarktung“ eines Arbeitgebers auf die Mitarbeiterzufriedenheit?
Monika Pleschinger: Dazu hatte ich an der FH vor etwa eineinhalb Jahren eine sehr spannende Erfahrung. Ich habe die Studierenden damals gebeten, Unternehmen vorzustellen, von denen sie dachten, diese hätten ein gutes Employer Branding. Bei den Präsentationen hieß es dann bei fast jedem Unternehmen – von klein bis groß, von regional bis international: Ja, die haben zwar eine lässige Homepage, einen super Auftritt – aber wir glauben ihnen nicht. Denn es gibt kein Unternehmen, das so perfekt ist. Wenn immer nur das Perfekte dargestellt und sogar noch übertrieben wird, wirkt das unglaubwürdig.

 

Das, was ich nach außen kommuniziere, muss ich als Arbeitgeber auch leben. Wenn jemand neu in ein Unternehmen eintritt und dann kein authentisches Verhalten vorfindet, oder es keinen wertschätzenden Umgang seitens der Führungskraft gibt, dann führt das ganz schnell zu Unzufriedenheit. Vor allem jüngere Menschen sind wechselbereiter. Wenn die Realität nicht mit dem übereinstimmt, was auf der Homepage versprochen wird, wechseln sie den Job relativ schnell. Das höre ich in Bewerbungsgesprächen ganz oft.

 

lebenswelten: Was hält manche Unternehmen davon ab, ein realistisches Bild von sich selbst zu vermitteln?
Monika Pleschinger: Da in den letzten Jahren massiver Arbeitskräftemangel herrschte, haben sich Arbeitgeber logischerweise im besten Licht dargestellt. Ich vergleiche das ein bisschen mit der Werbung für Schokolade, wo vorgegaukelt wird, die Kuh sei lila, und ein paar kleine Kinder haben das dann tatsächlich geglaubt, bis sie zum ersten Mal eine echte Kuh sahen.

 

lebenswelten: Erfolgreiches Employer Branding ist also sozusagen das Gegenteil der lila Kuh?
Monika Pleschinger: Ja, Unternehmen sollten sich nach außen hin – auf der Homepage, auf Social Media usw. – so darstellen, wie sie tatsächlich sind. Vor Kurzem habe ich ein Firmenvideo gesehen, in dem sich eine Führungskraft vor laufender Kamera dreimal verhaspelt hat und zu lachen anfing. Die Szene wurde nicht herausgeschnitten, sondern einfach mittransportiert. Das wirkt viel authentischer als wenn immer nur die perfekte Welt gezeigt wird.

 

lebenswelten: Die Salzburg AG hat Anfang März eine „Employee Appriciation Week“ durchgeführt, um der eigenen Belegschaft Wertschätzung zu signalisieren. Können solche Aktionen die Zufriedenheit, das Wir-Gefühl stärken? 
Monika Pleschinger: Wenn sie authentisch sind, ja! Wenn Mitarbeiter:innen eine Woche lang in den Vordergrund gestellt werden, ist das super. Wichtig ist, dass das auch im Alltag so gelebt wird – also nicht eine Woche später wieder anders ist. Da sind wir wieder bei der Glaubwürdigkeit und authentischem Verhalten.

Arbeit macht zufrieden, wenn sie mit Sinn erfüllt ist

lebenswelten: Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch, mit der digitalen Transformation als Treiber. Welche Erwartungen verbinden vor allem junge Menschen mit „New Work“?
Monika Pleschinger: Wissen Sie, was New Work eigentlich heißt? Der Begriff wurde schon Anfang der 1980er Jahre von Frithjof Bergmann geprägt (Sozialphilosoph und Anthropologe, Begründer der New-Work-Bewegung, Anm.). Die ursprüngliche Kernaussage von New Work heißt: Arbeit, die wirklich Sinn ergibt. Diesen Ansatz finde ich wahnsinnig spannend. Das Sinnstiftende trägt sehr viel dazu bei, dass jemand mit einer Arbeit zufrieden sein kann – wenn er oder sie das Gefühl hat, etwas Gutes zu tun, einen Beitrag zu leisten, jemandem zu helfen und vieles mehr. Deshalb bekommen auch Non-Profit-Organisationen oft gute Mitarbeiter:innen, obwohl sie meist weniger bezahlen – eben weil die Sinnhaftigkeit von Arbeit dort anders erlebt wird als wenn ich in einem Riesenkonzern nur eine Nummer bin.

Momentan wird New Work aber in erster Linie mit flexiblem bzw. dem Remote-Arbeiten oder neuen Arbeitszeit-Modellen wie der derzeit diskutierten Vier-Tage-Woche in Verbindung gebracht. Darauf müssen sich Arbeitgeber einstellen, das wird nach meinem Eindruck von der jüngeren Generation stark nachgefragt.

© Zopf-Photography KG
Monika Pleschinger ist Personalistin mit Leib und Seele. Auch das Thema Mitarbeiterzufriedenheit liegt ihr dabei am Herzen. © Zopf-Photography KG

Soziale Interaktion im Büro macht kreativ

lebenswelten: Dann sind Homeoffice bzw. flexible Arbeitszeit-Modelle heute Must-haves für Unternehmen, um für Jobsuchende attraktiv zu sein?
Monika Pleschinger: Tatsächlich ist für viele nicht mehr die Frage, gibt es Homeoffice, sondern wie viele Tage kann ich ins Homeoffice gehen. Das ist nicht mehr ein Punkt, der zufrieden macht, sondern eine Voraussetzung. Für das Zuhause-Arbeiten muss man aber auch der Typ sein und die Arbeit daheim dann auch wirklich machen. Auf der anderen Seite braucht es dazu Führungskräfte, die Vertrauen in die Mitarbeiter:innen haben und keine Kontrollfreaks sind.

Die allermeisten Menschen wollen aber auch im Büro arbeiten, vor allem wegen der sozialen Interaktion. Kreativität entsteht ja auch in erster Linie auf diese Weise. Daher wollen ja auch die großen Tech-Konzerne, vor allem in Amerika, die Leute wieder zurück ins Büro holen.

 

lebenswelten: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sich in der Belegschaft die jüngeren und älteren Generationen gleichermaßen „abgeholt“ fühlen?
Monika Pleschinger: Ich bin mir nicht sicher, ob es so große Unterschiede zwischen Jung und Alt gibt. Jeder möchte gern, dass ihm in der Arbeit mit Respekt und auf Augenhöhe begegnet wird, egal, ob 25 oder 50. Ich glaube einfach, dass junge Leute Dinge offener ansprechen und schneller handeln, weil sie nicht mehr so autoritär wie früher, sondern dazu erzogen wurden, mitreden zu dürfen. Sie haben auf dem Arbeitsmarkt auch mehr Möglichkeiten als die Babyboomer-Generation. Früher musste man sich unter vielen Bewerber:innen durchsetzen, heute gibt es weniger junge Menschen, diese sind auf dem Arbeitsmarkt umworben und können sich die Jobs meist aussuchen.

Jede Generation hat wunderbare Stärken entwickelt und ich glaube, die Kunst ist es, diese Stärken im Unternehmen zusammenzuspannen und nicht das Trennende zwischen den Generationen zu suchen, sondern das Verbindende. Wenn das gelingt, ist ein Idealzustand erreicht, der am Ende wiederum Zufriedenheit schafft.

Mitarbeiter:innen haben oft die besten Ideen

lebenswelten: Wie macht es sich für Unternehmen bezahlt, die Zufriedenheit des Personals in den Fokus zu stellen? 

Monika Pleschinger: Erstens hat der Arbeitgeber dann wahrscheinlich eine geringere Fluktuation und weniger Krankenstände und die Mitarbeiter:innen sind loyaler dem Unternehmen gegenüber. Das bewährt sich auch in Krisensituationen, sodass Mitarbeiter:innen dann sagen: Dem Unternehmen geht es gerade nicht gut, jetzt müssen wir zusammenhalten und an einem Strang ziehen, aber wir schaffen das. Ich denke, so eine Stimmung macht sich am Ende des Tages schon bezahlt, und die gibt es nur bei zufriedenen Mitarbeiter:innen.

Mitarbeiter:innen haben oft auch wunderbare Ideen. Als ich noch angestellte Personalerin war, habe ich einmal einen Workshop im Produktionsbereich gemacht. Das war für mich ein richtiges Aha-Erlebnis. Ich war begeistert, welche Ideen da von Produktionsmitarbeiter:innen gekommen sind, und dachte mir: Warum fragt man die nicht öfter? Sie arbeiten mit den Maschinen und wissen am allerbesten, was man wie verbessern kann. Mitarbeiter:innen werden oft unterschätzt, was die Ideen betrifft, die sie einbringen könnten.

 

lebenswelten: Welche Trends zeichnen sich hinsichtlich Arbeitswelt und Anforderungen ab, die die Mitarbeiter:innen von morgen stellen?
Monika Pleschinger: Ich glaube, dass diese Flexibilisierung bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsort gerade für junge Menschen ein wichtiger Punkt ist und sich etablieren wird. Dass ich zum Beispiel mittags eine Runde Laufen gehe und diese Zeit später hereinhole oder am Freitag zuhause arbeite, weil sich da mein langer Anfahrtsweg zum Büro nicht auszahlt – das ist gekommen um zu bleiben und wir sind schon mittendrin.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind soziale Kontakte und Beziehungen, das ehrliche Kommunizieren miteinander. Ich denke, das wird mehr Augenmerk bekommen und in Zukunft wieder viel mehr geschätzt werden.

Zuhören, einbinden: Menschen wollen im Job mitgestalten

lebenswelten: Als Fazit: Was raten Sie Unternehmen, die zufriedenere Mitarbeiter:innen haben möchten? 

Monika Pleschinger: Sei ehrlich, sei authentisch, rede mit deinen Leuten, höre auf sie, binde sie ein. Sodass die Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, sie können selbst mitgestalten und etwas bewegen. Was aus meiner Sicht auch eine ganz wichtige Führungsaufgabe ist: Schau, welche Stärken deine Mitarbeiter:innen haben und setze sie dementsprechend ein. Wenn ich etwas tun kann, worin ich gut bin, was ich gerne mache, dann bin ich grundsätzlich auch zufriedener. Wenn ich hingegen das Gefühl habe, mein Unternehmen bremst mich, hält mich klein, ich kann mich hier nicht entwickeln, dann führt das zu Unzufriedenheit und der Mitarbeitende ist relativ rasch weg.

Wenn ich es als Arbeitgeber schaffe, die Stärken und Talente meiner Mitarbeiter:innen  zu nutzen, dann ist allen geholfen. Ich denke, dass solche Unternehmen dann insgesamt auch erfolgreicher sind. 

Die Salzburg AG Gruppe hat die Woche vom 7. März dazu genutzt, das Thema Mitarbeiterzufriedenheit in den Fokus zu rücken. Wie die Aktion angekommen ist? Das siehst du hier:

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